Überspannungsschutz nachrüsten: Alles, was Sie dazu wissen müssen
Erfahren Sie, ob ein Überspannungsschutz Pflicht ist, wie Sie einen Überspannungsschutz einfach nachrüsten können und welche Arten von Schutzmaßnahmen es gibt, um Ihr Zuhause vor Schäden zu schützen.
Funktion & Zweck eines Überspannungsschutzes
Der Überspannungsschutz ist ein essenzieller Sicherheitsmechanismus, der dazu dient, elektrische Geräte, Anlagen und Gebäude vor Überspannungen zu schützen. Überspannungen sind kurzzeitige Anstiege der elektrischen Spannung in einem Stromnetz, die über das normale Niveau hinausgehen können die Netzspannung im Stromnetz Ihres Hauses liegt in der Regel bei 230 Volt. Diese Überspannungen können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden, wie beispielsweise direkte oder indirekte Blitzschläge. Aber auch Schaltimpulse von starken Motoren oder Elektrogroßgeräten können Überspannungen verursachen. Im Gegensatz zu einem Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter), der den Stromkreis unterbricht, wenn ein Fehlerstrom erkannt wird, besteht der Zweck des Überspannungsschutzes darin, die überschüssige Energie sicher abzuleiten, bevor sie Schäden an den angeschlossenen Geräten verursachen kann.
Tipp: Wenn Sie genau wissen möchten, wie ein FI-Schalter arbeitet, empfehlen wir unseren Ratgeberbeitrag „Wie funktioniert ein FI-Schalter“.
Die unterschiedlichen Überspannungsschutz-Arten
Ganz gleich, ob Sie einen Überspannungsschutz nachrüsten möchten, oder einen Neubau planen und effektiv vor Überspannung schützen wollen: Beim Überspannungsschutz werden grundsätzlich drei verschiedene Typen von Schutzgeräten unterschieden. Diese sind als SPD Typ 1, Typ 2 und Typ 3 bekannt. Der Begriff SPD steht für „Surge Protective Device“, was auf Deutsch Überspannungsschutzvorrichtung bedeutet. Folgend eine Übersicht der unterschiedlichen Typen:
- Der SPD Typ 1 (Blitzstrom-Ableiter / Grobschutz) kommt in Anlagen zum Einsatz, bei denen das Gebäude mit einer äußeren Blitzschutzanlage ausgerüstet ist oder in welche Blitzteilströme direkt eingekoppelt werden können. Der Typ 1 ist für hohe Blitzströme ausgelegt, die über die Erdung oder das äußere Blitzschutzsystem in die Niederspannungsanlage gelangen. Der üblicher Einbauort ist in der Hauptverteilung.
- Der SPD Typ 2 (Überspannungs-Ableiter / Mittelschutz) schützt sicherheitsrelevante Anlagen vor Überspannungen aus Ferneinschlägen oder vor transienten Überspannungen. Mit dem Überspannungs-Ableiter kann die verbleibende Überspannung auf Werte von weniger als 2.000 bis 600 V reduziert werden. Der SPD-Typ 2 wird u.a. in Haupt- oder Unterverteiler, Anlagenschränke, Geräteeinbaudosen, Unterflursysteme oder Kabelkanäle eingesetzt.
- Der SPD Typ 3 (Geräteschutz / Feinschutz) wird als Feinschutz bezeichnet und wird in unmittelbarer Nähe zu den zu schützenden Geräten, wie beispielsweise Endgeräte wie PC, Router, TV oder LAN installiert – dieses ist sowohl in der Verteilung als auch im Kabelkanal oder in der Steckdose möglich.
Ein sogenannter Kombiableiter: Er vereint den Blitz- und Überspannungsschutz der Typen 1, 2 und 3 in einem Gerät.
Die Überspannungsschutz-Pflicht – das sollten Sie wissen
Genau wie die Stromzähler Pflicht, besteht auch eine
Überspannungsschutz-Pflicht: Gemäß den aktuellen VDE-Normen ist seit Oktober
2016 der Einsatz von Überspannungsschutz verpflichtend. Die Übergangsfrist
endete am 14. Dezember 2018. Dies wird durch die aktualisierte
Überspannungsschutznorm DIN VDE 0100-443 festgelegt. Die Installation eines
Überspannungsschutzes ist demnach verpflichtend für Krankenhäuser, öffentliche
Einrichtungen, Gewerbe- und Industrieanlagen, einschließlich Hotels und Banken,
Schulen, Museen und Restaurants sowie Privathaushalte und Bürogebäude, in denen
Geräte der Überspannungskategorien I oder II angeschlossen sind.
- Zur Kategorie I zählen alle Elektrogeräte die über einen externen Trafo/Steckernetzteil angeschlossen werden, u.a. Laptops, Monitore, Telefone, Tür-Video-Systeme oder Überwachungskameras.
- Zur Kategorie II zählen Elektrogeräte die einen Kaltgerätestecker besitzen, wie beispielsweise Temperaturregler, Mikrowellen, Küchengeräte, Telefonanlagen oder SAT-Receiver.
Überspannungsschutz-Pflicht in Altbauten
Die aktuelle VDE-Norm gilt für alle Arten von Gebäuden, in denen Menschen leben oder arbeiten und gleichzeitig elektrische Netzwerke oder Schaltanlagen genutzt werden. Für Altbauten besteht allerdings keine Verpflichtung zum Überspannungsschutz, solange keine Änderungen oder Erweiterungen vorgenommen werden. Sofern Sie beispielsweise neue Stromkreise oder eine Photovoltaikanlage installiert haben, ist die Nachrüstung eines Überspannungsschutzes erforderlich.
Nachträgliche Installation von Überspannungsschutzvorrichtungen
Einen Überspannungsschutz nachzurüsten ist kein Problem – allerdings sollte diese Installation immer von einem Fachmann durchgeführt werden. Die Platzierung des Überspannungsschutzes in Wohnungen kann vor oder nach dem Zähler erfolgen – hier sind Ihre individuellen Gegebenheiten vor Ort entscheidend: Wenn im Bereich des Zählers wenig Platz vorhanden ist, wird der Überspannungsschutz in der Regel vor dem Zählerkasten installiert. Bei ausreichendem Platz kann die Installation auch nach dem Zähler erfolgen. Es ist wichtig zu beachten, dass bei einer Installation vor dem Zählerkasten Rücksprache mit Ihrem Stromanbieter gehalten werden muss. Bei alten Zähleranlagen kann ein Austausch des Zählerschrankes notwendig werden.
Die Kosten für das Nachrüsten
Das Nachrüsten eines Überspannungsschutzes ist eine wichtige Investition in die Sicherheit Ihres Hauses. Die Kosten für den nachträglichen Einbau von einem Überspannungsschutz können stark variieren. Bei älteren Gebäuden ist oft auch eine Sanierung der elektrischen Anlagen erforderlich. Die reinen Kosten für einen einfachen Überspannungsschutz liegen bei etwa 300 Euro. Je nach Variante, beispielsweise in Kombination mit einem eigenen Blitzableiter, können die Kosten für ein Einfamilienhaus jedoch höher liegen.
Brandschutzschalter
Brandschutzschalter, auch als
Fehlerlichtbogen-Schutzschalter (AFDD) bekannt, sind ebenfalls wichtige Sicherheitsvorrichtungen.
Ihre Aufgabe besteht darin, Brände durch Lichtbögen in elektrischen Anlagen zu verhindern.
In unserem Ratgeberbeitrag erfahren Sie alles über die Brandschutzschalter Pflicht.
Überspannungsschutz bei PV-Anlagen ist Pflicht
Der Einsatz von PV-Anlage Überspannungsschutzableitersowohl auf AC- (Wechselstromnetz) als auch auf DC- (Gleichstromnetz) Seite ist heutzutage gesetzlich vorgeschrieben, um die Auswirkungen von Blitzeinschlägen an oder in der Nähe von PV-Anlagen zu minimieren. Gemäß den Normen DIN VDE 0100-443 und -534 ist die Erdung für PV-Anlagen im Wechselstromnetz (AC) ausdrücklich vorgeschrieben. Zusätzlich zu den gesetzlichen Vorschriften fordern auch Versicherungsunternehmen einen Überspannungsschutz für Photovoltaikanlagen. Der Einsatz eines solchen Schutzes ist oft eine Voraussetzung für die Aufnahme von Anlagen in Photovoltaik-Versicherungen.
PV-Anlagen und DC-seitige Überspannungsschutz-Pflicht – so geht es richtig
Die effektivste Schutzmaßnahme gegen Blitze besteht in der kombinierten Anwendung von inneren und äußeren Schutzvorrichtungen. Hierzu installieren Fachleute Fangvorrichtungen, auch Fangstangen genannt, auf dem Dach. Diese Vorrichtungen befinden sich mindestens 0,5 bis 1,0 Meter entfernt von den Solarmodulen, um ein Überspringen des Blitzes zu verhindern. Zusätzlich sind vor und nach dem Wechselrichter Überspannungsschutzgeräte des Typs 2 Pflicht, die an hier installiert werden. Wenn die DC-Leitung zum Photovoltaik-Wechselrichter länger als zehn Meter ist, wird die Verwendung eines zusätzlichen PV-Überspannungsschutzes nach dem Eintritt ins Haus empfohlen. Ein Fachmann wird Ihnen einen detaillierten Anschlussplan erstellen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Komponenten ordnungsgemäß installiert und miteinander verbunden sind.